Forschungsprojekt: Bedürfnisse und Bedarfe​ pflegender Angehöriger​

Längsschnittstudie zur Stärkung der häuslichen Pflege in Bayern​

Ansprechpartnerin:

Jenny Kubitza

Informationsmaterial:

Flyer

Projektleitung:
  • Prof. Dr. Eckhard Frick sj, Professur für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit, Klinikum rechts der Isar der TU München
  • Prof. Dr. med. Elmar Gräßel, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Erlangen
  • Dr. Anna Pendergrass, Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Erlangen

Hintergrund: Pflegende Angehörige sind oft stark belastet mit der Pflege und Betreuung der pflegebedürftigen Person. Auffällig ist, dass pflegende Angehörige bisher aber kaum Entlastungsangebote annehmen.

Die Studie: Wir möchten herausfinden, was die tatsächlichen Bedarfe der pflegenden Angehörigen sind.

  • Was verbessert, und was beeinträchtigt ihre individuelle Lebensqualität?
  • Was wünschen sie sich für die Zukunft, um ihr eigenes Wohlempfinden zu stärken?

Die Erkenntnisse sollen dazu beitragen, dass professionelle Unterstützungsangebote häufiger in Anspruch genommen werden.

Die Studie erfolgt im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes mit dem Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Erlangen.

Methodik: Im Rahmen einer Längsschnittstudie führen wir qualitative Interviews mit pflegenden Angehörigen. Der Projektpartner in Erlangen führt parallel eine quantitative Befragung durch. 

Laufzeit: 10/2022 bis 06/2024

Förderung: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

 

Jenny Kubitza über das Projekt:

Wie zeigt sich die Belastung bei pflegenden Angehörigen?

"Der Vorgänger unserer Studie, die VdK-Studie (2022), hat gezeigt, dass viele pflegende Angehörige Schlafprobleme haben, körperliche Beschwerden wie Schulter- und Rückenschmerzen, sowie psychische Probleme. Bei vielen ist der gesamte Tagesablauf auf die zu pflegende Person abgestimmt. Dennoch versuchen viele, die häusliche Pflege alleine zu meistern und nehmen kaum Unterstützungs- und Entlastungsangebote an - dabei würden ihnen diese vom Pflegegesetz her zustehen. Zum Beispiel könnte man eine Tagespflege in Anspruch nehmen, um selbst mal einen Tag frei zu haben und durchzuschnaufen."

Was soll in der Anschluss-Studie zusätzlich untersucht werden?

"Wir möchten nun verstehen: Warum werden bestimmte Unterstützungsangebote genutzt, warum andere nicht genutzt? Was sind denn die primären Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen? Was wünschen sie sich wirklich an Hilfen - unter anderem auch spirituell? Welche Ressourcen wenden sie vielleicht schon an? Sind die bestehenden Angebote überhaupt passend? Und falls ja, sind sie niedrigschwellig genug? Unsere Vermutung ist, dass die bisherige Angebotslage derzeit auch noch zu komplex strukturiert ist und die Hemmschwelle der Inanspruchnahme von Hilfen u.a. deswegen noch zu hoch ist."

Das heißt, was für Interviewpartner:innen sucht Ihr für die Studie?

"Unsere Einschlusskriterien sind zunächst sehr niedrigschwellig: Wir suchen pflegende Angehörige in jeglichen Konstellationen. Gerne dürfen die Merkmale der Interviewpartner:innen variieren, wie z. B. das Alter der zu pflegenden Person, der Pflegegrad, das Krankheitsbild und demografische Daten der pflegenden Person wie Geschlecht, Alter oder Berufstätigkeit. Wir gehen also erst einmal sehr offen ins Feld und interviewen jeden, der Interesse daran hat, uns die Situation zu schildern. Dann werten wir die ersten Interviews aus und versuchen anschließend, das Sample noch maximal konstrastierend zu ergänzen. In bisherigen Studien wurden demografische Merkmale kaum berücksichtigt. Wir glauben, dass damit wichtige Vergleichshorizonte überhaupt erst möglich sind und dass es womöglich doch große Unterschiede gibt, wie pflegende Angehörige mit der Situation umgehen, z. B. je nach Schweregrad und Krankheitsbild."

Was macht Eure Forschung so relevant?

"Ich kann da auch aus meiner Erfahrung als Pflegeberaterin sprechen: Pflegende Angehörige wollen wirklich ihre Angehörigen gut versorgen. Sie gehen da mit ganz viel Herzblut und Elan rein, stoßen dann aber zwangsläufig an ihre Grenzen. Man kann ihnen dann teilweise wirklich ansehen, wie schlecht es ihnen geht. Das kann wiederum bei der pflegebedürftigen Person zu einem schlechten Gewissen führen. Das ist schade. Eigentlich wollen beide Seiten eine gute Pflege erreichen, doch die äußeren Umstände hindern sie daran. Ich glaube, wenn man mal wirklich tiefergehend mit den Betroffenen spricht, ihre Bedürfnisse individuell erfasst und darauf dann Hilfsangebote aufbaut, können wir die häusliche Pflege nachhaltig stärken."