Forschungsprojekt: Die letzte Lebensphase hochbetagter Ordensleute
Ansprechpartnerin:
Die Studie: Wie bewältigen betagte Ordensleute die letzte Lebensphase? Um dies herauszufinden, wurden qualitative Interviews mit über 80-jährigen Sacré-Cœur-Ordensfrauen und Jesuiten in Deutschland und Österreich geführt. In den Interviews wurde eine Stegreiferzählung der Lebensgeschichte angeregt und durch weiterführende Fragen insbesondere die Bewältigung der gegenwärtigen Lebenssituation in den Fokus genommen.
Nach Abschluss der Auswertungen wird in den Einrichtungen der Orden jeweils eine Diskussion der Ergebnisse mit der Zielgruppe stattfinden. In die Orden soll Rückmeldung gegeben werden:
- Wie geht es eigentlich den älteren Ordensleuten?
- Was kann getan werden, damit es ihnen besser geht?
- Was könnte bei der jetzt jungen Generation getan werden, damit es ihnen auch im Alter gut geht?
Methodik: Für die Datengenerierung wurden n=21 narrative Interviews geführt. Die Auswertung erfolgt mittels Reflexive Thematic Analysis nach Clarke/Braun.
Laufzeit: August 2021 bis Dezember 2023
Förderung: Rottendorf Stiftung
Ruth Mächler über das Projekt:
|
Was ist die Relevanz dieser Fragestellung? "Es gibt da schon eine starke soziale Erwünschtheit, als alter Ordensmensch weise, zufrieden und tief im Glauben zu sein - doch was machst du, wenn das nicht so ist? Die Ergebnisse dieser Studie sollen den Orden ein Feedback geben: Wie geht es eigentlich ihren alten Ordensleuten? Was könnte getan werden, dass es ihnen besser geht? Was könnte bei der jetzt jungen Generation getan werden, damit es ihnen auch im Alter gut geht? Auf der Basis möchten wir die Orden beraten." |
Wie unterscheidet sich denn das Altwerden im Orden vom Altwerden außerhalb des Ordens?
"Als Ordensmensch hat du - zumindest vom Anspruch her - ein Leben in der Hingabe an Gott gelebt. Und auf dieses Leben blickst du zurück, und das ist schon ein anderer Blick. Zufriedenheit wird nicht daraus geschöpft, wie gut die Kinder geraten sind oder daraus, wie erfolgreich die Karriere war. Sondern daraus, dass du mit Gott gegangen bist, dein Leben Gott geschenkt hast. Außerdem ist Altwerden im Orden davon geprägt, dass man bis ins hohe Alter in Gemeinschaften lebt."
Wie hast du die Interviews geführt?
"Jedes narrative Interview begann mit dem gleichen Einstieg: 'Erzählen Sie mir doch bitte die Geschichte Ihres Lebens.' Dann folgte eine lange Erzählung. Die haben das alle fantastisch gemacht. Daran merkt man, dass es sich hier um Menschen handelt, die sich stark reflektieren und die das auch artikulieren können. Es war großartig, diese Lebensgeschichten zu hören. Dann habe ich immanente Nachfragen gestellt sowie gezielt Nachfragen zur aktuellen Lebenssituation: 'Wie geht es Ihnen jetzt? Wie sehen Ihre Beziehungsnetzwerke heute aus?' Und ich habe versucht, noch ein wenig 'Weisheit herauszukitzeln': 'Haben Sie einen Rat an diese Welt? Was würden Sie sich selbst als junger Mensch raten?'"
Was beschäftigt dich am meisten, nachdem du all diese Lebensgeschichten gehört hast?
"Wir alle haben ja ein Konzept für unser Leben, etwas, worauf wir setzen. Ob wir heiraten, Kinder kriegen, in eine Karriere investieren oder in einen Orden eintreten. Jeder und jede von uns geht mit Erwartungen und Hoffnungen in das Leben hinein und irgendwann - wenn man nicht vorzeitig stirbt - ist man alt, blickt zurück und gleicht diese Erwartungen und die gebrachten Opfer und Investitionen mit dem Heute ab. Das gilt ja für jeden Menschen. Und dann braucht man die Fähigkeit, das zu akzeptieren, damit umzugehen und es zu integrieren. Es gibt ja nicht nur diese großen Lebensentscheidungen wie Heiraten oder in einen Orden einzutreten, sondern das Leben setzt sich aus vielen kleinen Entscheidungen zusammen, die wir jeden Tag treffen. Viele der interviewten Ordensleute haben auch erzählt, dass sie zwischenzeitig gerungen haben mit ihrer Berufung. Und das beschäftigt mich im Moment, das finde ich sehr spannend. Und mir scheint bisher, dass diejenigen, die sich ganz hineingeworfen haben, die intensiv in ihre Spiritualität und ihre Beziehung mit Gott investiert und sich ihren Zweifeln und Fragen gestellt haben, davon dann auch bis zuletzt getragen werden. Das ist auch etwas, das mich herausfordert: Wird das, worauf ich mein Leben setze, auch bis zum Schluss tragen? Und was kann ich dazu beitragen?"